MDR1-Defekt - Die Mutation
Die Überempfindlichkeit gegenüber dem Antiparasitikum Ivermectin und weiteren Medikamenten ist durch einen Defekt im Multidrug-Resistance Transporter (MDR1) bedingt. Dieser Transporter fungiert als Effluxpumpe und sitzt u.a. in der Membran von Endothelzellen, die die Gehirnkapillaren auskleiden. Er übt im Gehirn eine Barrierefunktion aus (Blut/Hirnschranke), indem er Arzneistoffe und toxische Verbindungen in den Gehirn-kapillaren zurückhält und sie wieder aktiv ins Blut transportiert. Damit wird ein Übertritt dieser Substanzen in das Nervengewebe verhindert. Das intakte MDR1-Protein wird auch als P-Glycoprotein bezeichnet, besteht aus 1280 Aminosäuren und ist ein essentieller Bestandteil der Blut/Hirnschranke. Ist bei Hunden das Defektgen vorhanden, bricht die Synthese des MDR1-Proteins bereits nach ca. 10% des Leserahmens vorzeitig ab. Dem defekten MDR1-Gen fehlen vier Basen-paare, nach der Lokalisation des Defektes wird die Mutation als nt 230 (del4) bezeichnet.
MDR1-Defekt – Die Funktionen
Neben der Barrierefunktion im Gehirn, Hoden und der Plazenta übernimmt das MDR1-Protein in anderen Körper-organen Ausscheidungsfunktionen. So wird das MDR1-Protein in Leber, Niere und Darm exprimiert und ist an der Ausscheidung von Wirkstoffen (Leber, Niere) beteiligt. Ferner wirkt das MDR1- Protein im Darm als eine Absorptions-barriere. Ist der MDR1-Transporter nicht intakt, verliert er einerseits seine Barrierefunktion im Gehirn/Hoden/Plazenta, andererseits verändert sich die Pharmakokinetik für viele Substanzen durch verstärkte Absorption bzw. verzögerte Elimination. Eine fatale Kumulation von Wirkstoffen ist die Folge und der Organismus wird mit toxischen Substanzen überflutet. Zusätzlich übernimmt das MDR1-Protein auch Transportfunktionen und beeinflusst endokrine Regelkreise. So limitiert das intakte MDR1-Protein den Übertritt von NNR- Hormonen Cortisol und Corticosteron ins Gehirn. Ist diese „Transportkontrolle“ nicht mehr gewährleistet, kommt es zu einer down-Regulierung des feed-back-Mechanis-mus der Hypothalamus/ Hypophysenachse. Niedrige Basalcortisolkonzentrationen und ev. eine Suppression der Schilddrüsenhormone können die Folge sein. Bei betroffenen Tieren ist u. U. eine geringe Substitution von Schild-drüsenhormonen in Erwägung zu ziehen (in subtherapeutischer Dosis von ~1 mg/Tier). In einer prospektiven Studie aus den USA zeigten Tiere mit dem MDR1- Defektgen eine erhöhte Stressanfälligkeit (deutlich herabgesetzte Antwort der NNR nach Stimulation) im Vergleich zu MDR1-intakten Hunden und erholten sich langsamer von schweren Erkrankungen.
MDR1 - Der DNA-Test
Die Entdeckung der Mutation führte zur Entwicklung eines DNA-Tests, mit dessen Hilfe mit hoher Sicherheit Hunde identifiziert werden können, die eine genetisch bedingte „Ivermectin- Unverträglichkeit“ entwickelt haben. Für den DNA-Test wird zunächst aus einer Blutprobe die DNA des Tieres isoliert. Mittels der sogenannten Polymerase-Kettenreaktion wird dann das betroffene Gen millionenfach vervielfältigt, um es leichter analysieren zu können. Anschließend wird mittels Hilfe molekulargenetischer Methoden die Gensequenz hinsichtlich der Mutation nt 230 (del4) untersucht. Somit kann die Mutation direkt nachgewiesen werden und vom MDR1-Defekt betroffene Hunde können sicher identifiziert werden.
Der Gentest liefert als Ergebnis einen der drei möglichen Genotypen:
N/N: Der untersuchte Hund trägt das mutierte Gen nicht und kann die nt230 (del4) Mutation nicht auf seine Nach-kommen übertragen.
N/MDR1: Der untersuchte Hund trägt ein mutiertes Gen und kann die nt230 (del4) Mutation mit einer Wahrscheinlich-keit von 50% auf seine Nachkommen übertragen. Bei Trägertieren können zum jetzigen Zeitpunkt Unverträglichkeits-reaktionen / Vergiftungssymptome nach Applikation von problematischen Wirkstoffen (s.o.) nicht sicher ausgeschlos-sen werden.
MDR1/MDR1: Der untersuchte Hund ist reinerbig für die nt230 (del4) Mutation (auf beiden Chromosomen vorhanden) und überträgt die Mutation auf seine Nachkommen. Homozygot betroffene Hunde können nach Applikation von problematischen Wirkstoffen (s.o.) Vergiftungserscheinungen entwickeln.
Der DNA-Test zum Nachweis des MDR1-Defektes bietet Tierärzten und Züchtern ein effizientes und äußerst sicheres Mittel zur Identifizierung Ivermectin-sensitiver Tiere. Der DNA-Test kann bereits von Geburt an betroffene Tiere sicher identifizieren, so dass eine Entscheidung für/gegen eine Therapie leichter getroffen werden kann. Ferner können sinnvolle Zuchtentscheidungen getroffen werden um den MDR1-Defekt mittelfristig aus der Zucht zu entfernen.
Wieso MDR1-Test beim Cattle Dog?
Da immer mehr Hunderassen, so auch der Cattle Dog, in den Berichten über MDR1 vorkommen, wollten wir auf Nummer sicher gehen und diesen Defekt in unseren Hunden ausschließen. Auch wenn viele denken, es sei Schwachsinn, finde ich, dass an erster Stelle die Sorgfalt bezüglich der Gesundheit unserer Zuchthunde und deren Nachkommen stehen sollte. Da man MDR1 nicht 100 % ausschließen kann, und der Test bei den anderen Gentests leicht mit gemacht werden kann, ist es für mich selbstverständlich, meine Hunde auf MDR1 testen zu lassen.